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Predigt anlässlich der Einweihung der neuen Klais-Orgel in der St. Matthäuskirche Erlangen am 18. Juli 2021

 

... die Königin oder der König (so schrieb es Mozart an seinen Vater) der Instrumente.

Unsere neue Orgel hat diesen Odem, nicht nur, dass sie mit Wind angetrieben wird, sie zeichnet sich auch aus durch die verschiedensten Klangfarben. In ihrem Haus kommen die verschiedensten Register zum Klingen, einzeln und gemeinsam: Flöten, Trompeten, Bässe, Posaunen und dazu der Cymbelstern. Zum Lob Gottes. Hinter den schönen Namen der Register verbergen sich jeweils eigene Klangfarben Flaut´d amour, Rohrflöte, Doppelgedackt, Vox Coelestis. Allein schon das Lesen der Registernamen macht Freude.

Man könnte den 150. Psalm um viele Instrumente vergrößern, die in dieser Orgel stecken. Ein Meisterwerk, ein Gesamtkunstwerk. Jeder, der in den Wochen des Aufbaus den Orgelbauern über die Schulter schauen durfte und den komplexen Bauprozess einer Orgel, das  Zusammenspiel ihrer unzähligen Bestandteile, die aufwändige Intonation,  mitbekommen hat, war begeistert. Es war faszinierend, wie aus der mit Einzelteilen vollgelagerten Kirche dieses Instrument entstand. Und man versteht, warum die Kunst des Orgelbau in die Liste des immateriellen Weltkulturerbes der Unesco aufgenommen wurde.

Ein Instrument, das es schon seit antiken Zeiten gibt. Ein Kulturerbe mit langer Tradition im westlichen Christentum.

Unumstritten war die Musik im Gottesdienst trotz der schönen Bibelstellen, die wir gehört haben, nicht. Und auch heute fragen Menschen: Braucht es in Kirchen so aufwändige Instrumente? In der Orthodoxie wird auf Instrumente verzichtet und selbst in unserer evangelischen Tradition musste die theologische Fakultät in Wittenberg noch 1597 eine Unbedenklichkeitserklärung zur Verwendung von Orgelmusik im Gottesdienst veröffentlichen. Gott sei Dank konnten sich die Bedenkenträger bei uns bis heute nicht durchsetzen und die kunstvolle Orgelmusik, auch der handwerkliche Orgelbau, hat sich bis heute erhalten, eine wirklich kulturelle Leistung!

Musik und Theologie

Mit seinem berühmten oft zitierten Zitat: „Die Musik ist eine Gottesgabe: Ich gebe nach der Theologie der Musica den nächsten Ort und höchste Ehre“ haben wir Evangelischen in Martin Luther einen Gewährsmann für die positive Einstellung zur Musik.

Der Reformator hat sich immer wieder positiv zur Musik - vom Volkslied bis hin zur artifiziellen Musik - geäußert (und diese Breite finde ich äußerst wohltuend). Dadurch hat er grundlegenden Anteil gehabt, dass sich, ausgehend vom lutherischen Kirchenlied, die evangelische Kirchenmusik eigenständig entfalten konnte und eine tragende – nicht nur liturgische - Rolle im evangelischen Gottesdienst bekam.

In unserer Kirche drückt sich das besonders deutlich aus. Die Musik ist nicht verbannt auf die Empore, sondern die Kirche ist als Musikkirche gebaut und der Architekt hat bewusst den Orgelprospekt und den Chorbereich vorne integriert. Der Orgelprospekt Gustav  Gsaengers gehört zum Gesamtkunsterk Matthäuskirche und ist ja auch, als Denkmal geschützt, erhalten geblieben und in die neue Orgel integriert.

Musik ist eine unserer evangelischen Stärken.  Himmel und Erde berühren sich darin. Mit der Klangfülle der Orgel zieht die Vielfalt der Stimmen, die Gottes Schöpfung erfüllen, auf neue Weise in diese Kirche ein. Und die Klangbilder der Register mögen auch ein Bild für die Menschen in unserer Gemeinde sein. Sie klingen einzeln ganz unterschiedlich. Leise oder laut, brummend oder klar…. Doch erst zusammen werden sie zum wohlklingenden Tutti.

Mit der Orgel singen die Gemeinde und die Kantorei und es sind immer individuelle Menschen, die miteinander musizieren. Heman, Asaf und Etan, Secharja, Unni, Elia, Maaseja und Benaja: So hießen Musiker in der Lesung aus dem Buch der Chronik vorhin im Bericht vom Einzug der Bundeslade. Bei uns im Chor heißen sie Renate oder Susanne, Michael oder Reinhard, Birgitt oder Christoph. Individuelle Menschen musizieren gemeinsam in unserer Kirche zum Lobe Gottes und zur Freude der Menschen. Evangelische, katholische, orthodoxe und religiös unmusikalische. Und ergeben einen wunderbaren Chor.

Glaubensquelle und Kulturereignis

Spirituelle und kulturelle Aspekte verschmelzen. Kirchenmusik ist Glaubensquelle und zugleich Kulturereignis. Glauben und Kultur sind dabei viel zu eng miteinander verwoben, als dass man sie, zumindest in unserem Kulturkreis, noch trenne könnte. Auch Gottesdienst ist Kultur! Und wo Kultur ist, da hat auch immer das Spirituelle, der Glauben Raum. Kirchenmusik ist für Kirche und Kultur, Glauben und Leben wichtig.

Mögen diese, gerade für die protestantischen Kirchen, wichtigen kirchenmusikalischen Traditionen lebendig bleiben und im wahrsten Sinn des Wortes auch wertgeschätzt werden. Noch einmal Martin Luther: „Eine sehr gute und göttliche Gabe ist die Musik, durch welche viele Anfechtungen vertrieben werden. Die Musik ist eine sehr gute Kunst, durch welche die Noten den Text lebendig machen können. Sie verjagt alle Traurigkeit, wie geschrieben ist von Saul. Die Edelleute glauben, sie haben meinem gnädigesten Herrn jährlich dreitausend Gulden gespart an der Musik, aber indessen vergeuden sie unnütz dreitausend Gulden. Fürsten und Könige (und die Kirchen müsste man ergänzen) müssen die Musik erhalten, auch die anderen Künste. Daher lieset man in der Bibel, dass die frommen Könige Sänger und Sängerinnen verordnet, gehalten und besoldet haben“. Ja, das ist ein Wink mit dem Zaunpfahl, dass man die Musik fördern muss, in Kirche und Staat, von Kindesbeinen an, in Kindergärten, an Schulen, durch Musikunterricht und auch in den Kirchen, es ist weit mehr als ein billiges Vergnügen, Musik ist Lebenselixier – kein Beiwerk.

Wieviele Menschen das so empfinden, zeigt sich schon darin, dass sich so viele innerhalb und außerhalb unserer Gemeinde für dieses großartige Instrument eingesetzt haben. Mit vielen Spenden, Ideen, mit Tatkraft, im Orgelbauförderverein, mit Benefizkonzerten und mit aufmunternden Gesprächen. Und der kulturelle Impuls für Erlangen, den diese Orgel setzt wurde deutlich in der Wertschätzung von Stadt und Land.

Klangschale des Glaubens

Für uns ist die Orgel auch die Klangschale unseres Glaubens:

Diese Orgel wird Generationen von Menschen begleiten. In die Matthäuskirche kommen Eltern und Paten, wenn ein Kind getauft werden soll.  Die Konfirmanden werden unter den Klängen dieser Orgel hier einziehen, und den Segen empfangen für ihr Heranwachsen und für ihr Leben als Erwachsene. Brautpaare werden weiter festlich einziehen und gesegnet wieder hinausgehen unter der Musik dieser Orgel. Menschen werden an ihre Toten denken: Sie werden klagen, trauern und auch Gott danken – die Orgel wird da sein und sie begleiten, sie wird sich freuen mit den Fröhlichen und sie wird weinen und klagen mit den Weinenden. Sie wird unsere Gottesdienste gestalten und mit unserem Gesang klingen, sie wird unser Predigen reflektieren und uns in Stimmungen versetzen, zum Nachdenken anregen und uns zum Lob auffordern. Und in die Tiefe unseres Herzens eindringen.

„Musik ist höhere Offenbarung als alle Weisheit und Philosophie“, so hat schon Ludwig van Beethoven es betont. Für viele Menschen, ich schließe mich da ein, hat Musik immer auch einen religiösen, spirituellen Bezug. Die Orgel ist dabei ein großartiges Instrument, das für Musikgenuss und tiefe spirituelle Erfahrung zugleich geeignet ist. Für komplizierte Musik und als Animateurin für den Gemeindegesang. Für alte und ganz moderne Musik.

Und: Musik ist Kraftquell auch für die Aufgaben die wir als Gemeinde haben. Eine Orgel zu bauen ist also keine Abwendung von den praktischen Aufgaben der Liebe zum Nächsten, die wir als Grundaufgabe haben. Das gegeneinander auszuspielen wäre töricht.

Frischer Wind

Möge unser Orgel weite Türen zum Glauben öffnen. Mögen sich Himmel und Erde berühren und frischer Wind durch neue Pfeifen in dieser Kirche wehen. Wie hieß das Motto für den Orgelbau? „Musik berührt und verändert. Wir sind eine offene Gemeinde. Hier kommen Menschen zusammen und schaffen gemeinsam Bleibendes.“ Ja, etwas Bleibendes wurde geschaffen.

Soli deo gloria, so hat es J.S. Bach über seine Werke geschrieben. Allein Gott zur Ehre und so sei es.

Soli deo Gloria

Dem Gott, der tröstet, der freimacht und der unser Leben begleitet, der uns immer wieder umkehren lässt und der uns Hoffnung schenkt, damit wir uns einsetzen für die Welt und der uns in und über diese Welt hinaus trägt.

Fürwahr: „Lasset das Wort Christi reichlich unter euch wohnen: Lehrt und ermahnt einander in aller Weisheit; mit Psalmen, Lobgesängen und geistlichen Liedern singt Gott dankbar in euren Herzen.Und alles, was ihr tut mit Worten oder mit Werken, - und ich ergänze mit der Musik! - das tut alles im Namen des Herrn Jesus und dankt Gott, dem Vater, durch ihn.“

Ja singe meine Seele, klinge Du Orgel!

Amen

Christian Düfel, Pfarrer

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